Wegen JSVP-Plakat: Karriere von Jung-Polizist in Gefahr

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Wegen JSVP-Plakat: Karriere von Jung-Polizist in Gefahr

BLAULICHT vom 26.08.2020

Das sifa-Blaulicht dokumentiert exklusiv Fälle von Kriminalität und Gewalt sowie deren Behandlung durch Gerichte und Behörden.

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Wegen JSVP-Plakat

Karriere von Jung-Polizist in Gefahr

von Anian Liebrand, Geschäftsführer sifa – SICHERHEIT FÜR ALLE

Der 26-jährige Adrian Spahr ist leidenschaftlicher Polizist und Unteroffizier der Panzergrenadiere. In seiner Freizeit engagiert er sich politisch: Als Co-Präsident der Jungen SVP Kanton Bern. Für diese verantwortete er ein Plakat, das die Missstände auf Fahrenden-Transitplätzen pointiert kritisierte und ihm eine Rassismus-Anzeige einbrockte. Aus politischen Gründen wurde ihm nun der Stellenantritt bei der Stadtpolizei Grenchen verweigert – trotz unterschriebenem Arbeitsvertrag. Wegen eines Gesinnungsdelikts ohne rechtskräftige Verurteilung steht Spahrs Karriere vor dem Aus. Darf dieser Umgang mit engagierten Polizisten wirklich Schule machen?

Viereinhalb Jahre diente Adrian Spahr nach absolvierter Polizeiausbildung in der Kantonspolizei Basel-Stadt. Nachdem er wegen des umstrittenen Fahrenden-Plakats erstinstanzlich verurteilt wurde und die Medienberichte hohe Wellen schlugen, versetzte ihn diese 2019 in den Innendienst. Das war auf Dauer nichts für den jungen Seeländer mit schweizerisch-brasilianischem Hintergrund. Als einer, der sich als «Mann für die Front» sieht, suchte er sich heuer eine neue Herausforderung.

Bewerbung um neue Stelle

Spahrs Leistungsausweis im Dienste der Allgemeinheit kann sich sehen lassen. Er verrichtet seine Arbeit stets zuverlässig, ist belastbar und kollegial. Er erwischte Einbrecher inflagranti, war Teil zahlreicher Ernstfall-Einsätze oder führte Reanimationen durch. So überraschte es kaum, dass sein Profil bei der Stadtpolizei Grenchen rasch auf Anklang stiess, erst recht in Zeiten, wo gute Polizisten nicht gerade wie Sand am Meer verfügbar sind.

Transparent informierte Spahr den neuen Arbeitgeber in spe über sein politisches Engagement. Dass er in der Jungen SVP sei, dass er wegen eines Wahlplakats verurteilt wurde, wogegen er zusammen mit seinem Berner Präsidiumskollegen Nils Fiechter «Beschwerde in Strafsachen» einreichte und dass der Fall nun vor Bundesgericht hängig sei. Sowohl die Personalabteilung als auch der Kommandant versicherten ihm am Vorstellungsgespräch, dass dieses private Vergehen eine Bagatelle sei, die einer Anstellung nicht im Weg stünde.

Wortbruch

Mitte Juni 2020 – drei Wochen vor Stellenantritt – dann der Schock: Die Grenchner Gemeinderatskommission schaltete sich ein und machte den bereits im März unterschriebenen Arbeitsvertrag rückgängig, was rechtlich unter einem ganz schlechten Stern steht. Wegen des hängigen Strafverfahrens und des damit möglicherweise aufflammenden Medienwirbels könne so einer wie Spahr nicht angestellt werden.

Auch der Kommandant machte einen Rückzieher. Obwohl Adrian Spahr minutiös belegen kann, dass er alles offengelegt hat (der sifa liegen die Beweise vor), will dieser nun auf einmal nichts mehr von einem laufenden Verfahren gewusst haben und stellt den JSVP-ler vor den Medien als Schwindler hin. Spahr steht vor einem Scherbenhaufen: Ohne Job und mit ungewissen Zukunftsaussichten.

SVP-Politik als Karriererisiko?

Ob der Anwalt, den er eingeschaltet hat, von der Stadt Grenchen zumindest eine Genugtuungszahlung herausholen kann, wird sich zeigen – ist letztlich aber zweitrangig. Viel wichtiger ist für Adrian Spahr die Frage, ob und wann er wieder seinem geliebten Polizistenberuf nachgehen kann. Wir als Gesellschaft müssen uns dabei fragen: Können wir es einfach hinnehmen, dass politisches und staatsbürgerliches Engagement, das ein junger Mensch notabene zum Wohle der Allgemeinheit leistet, zum Karriererisiko wird, wenn es «aus der falschen Ecke» (sprich der SVP) kommt?

Wie vielen aufrechten Bürgern, die nicht jedes Wort auf die Goldwaaage legen, wird die unsägliche Rassismus-Strafnorm als Maulkorb-Paragraph noch zum Verhängnis? Vergessen wir nicht: Adrian Spahr wurde geschasst wegen einer politischen Zeichnung, die reale Vorkommnisse überspitzt darstellte und nicht, weil er betrunken jemanden angefahren hätte. Dass Polizisten in besonderem öffentlichem Fokus stehen, ist verständlich und richtig. Doch als Polizist gab es über Spahr stets nur Gutes zu berichten.

Wir wissen, dass das sifa-Bulletin auch in Polizei- und sicherheitsaffinen Kreisen gelesen wird. Wer eine Idee hat, wie Adrian Spahr nun unterstützt werden kann, wird gebeten, sich bei sifa-Geschäftsführer Anian Liebrand zu melden.

sifa-SICHERHEIT FÜR ALLE


Leserbrief von Nicole Müller-Boder

Die in Grenchen aufgewachsene Nicole Müller-Boder, ihres Zeichens sifa-Vizepräsidentin und heutige Grossrätin des Kantons Aargau, hat zur «Causa Spahr» einen zutreffenden Leserbrief verfasst, den wir an dieser Stelle gerne abdrucken:

Wer die Hintergründe kennt, weiss, dass das Rassismus-Verfahren gegen Adrian Spahr schon genug für grosses Kopfschütteln sorgt. Das ist aber ein anderes Thema. Was die Stadt Grenchen aber abzieht, haut dem Fass den Boden komplett aus. Es wird gelogen, bis sich die Balken biegen, und das noch vor laufender Kamera. Nebenbei, ein Polizei-Kommandant, der in der Öffentlichkeit mit einem solchen Wortschatz auftritt, hinterlässt bei mir Fragen.

Die Beweise, dass man vollends Bescheid wusste über das laufende Verfahren, liegen mir vor. Nun versucht man sich rauszureden – und dies auf dem Buckel dieses jungen, verdienten Polizisten. Er kündigte seine Anstellung bei der Basler Polizei erst, nachdem er den Vertrag mit der Stapo Grenchen in der Tasche hatte. Man liess sogar verlauten, dass selbst eine Verurteilung vor Bundesgericht keine Konsequenzen hätte. Nun steht ein gut ausgebildeter Polizist auf der Strasse und kämpft um seinen Ruf und um den Traum, weiterhin als Ordnungshüter tätig sein zu dürfen.

Noch ist er nicht rechtskräftig verurteilt, und ich hoffe inständig, dass das Bundesgericht diesen Fall genau analysiert. Aber die Stadt Grenchen hat ganze Arbeit geleistet, so dass es für Adrian Spahr wohl schwierig werden könnte, bis zum Urteil wieder eine Stelle zu finden. Als ehemalige Grenchnerin schäme ich mich abgrundtief.

Nicole Müller-Boder, Grossrätin und Mitglied der Sicherheitskommission Kt. AG


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